Zwei Wochen in Antigua
Am letzten Tag im Jahr 2019 rollen wir kurz vor Einbruch der Dunkelheit in Antigua ein. Antigua war ehemals Hauptstadt Guatemalas, wurde aber in der Vergangenheit mehrmals von Erdbeben zerstört, so dass der Regierungssitz nach Guatemala City verlegt wurde. Die Stadt ist von den Vulkanen Agua, Acatenango und Fuego umgeben. Letzterer ist momentan sehr aktiv. Sie gehört zum UNESCO Weltkulturerbe und ist heute beliebtes Touristenziel. Wir sind nach einem anstrengenden Tag so müde, dass unser Silvestermenü lediglich aus einem Imbiss beim Chinesen besteht, wir mit einem Glas Wasser anstossen und schlafend ins 2020 rutschen. Das neue Jahr beginnen wir dementsprechend erholt und voller Tatendrang. Es haben sich einige To-Do’s angesammelt, die wir gleich abzuarbeiten beginnen. Baloo hat mal wieder einen Ölwechsel und eine Wäsche nötig, wir müssen zudem beim Mechaniker ein kleines Teil bei der Lenkung wegen Abnützung ersetzen lassen und Mathias wurde mittlerweile ebenfalls von Montezumas Rache heimgesucht, so dass wir einen Arzt konsultieren müssen, der ihm Medikamente verschreibt. Ausserdem lassen wir uns auf der Gasse zu einer weiteren Woche Sprachkurs überreden und gehen von unserem Camping aus nun jeden Morgen von 09.00 – 12.00 Uhr büffeln. Von der Qualität her kommt die Schule nicht ans Niveau der Meztli in Tulum ran, wir bezahlen aber auch nur einen Bruchteil davon für die Lektionen. Eine Woche Sprachunterricht für zwei Personen kostet uns hier in Antigua läppische 150 CHF! Pati ist unsere Lehrerin. Sie ist eine Hausfrau, bei der wir am Küchentisch sitzen und die mit uns Spanisch redet … und zwischendurch auch noch Mittagessen kocht und mit ihrer Tochter spielt. Ein bisschen was bleibt aber trotzdem hängen und wir können unsere Spanischkenntnisse nochmals um einiges verbessern.
Nach dem Unterricht schlendern wir jeweils durch die Avenidas des kolonialen und lebendigen Antigua und lassen es uns bei der Auswahl der unzähligen Restaurants mit Geschmäckern aus aller Welt kulinarisch wieder einmal richtig gut gehen. Wir essen uns über traditionelle Pollos al la Leña mit gekochten Bohnen, Sushi, Schawarma, Spätzlipfanne und Rösti quer durch die ganze Stadt bis zum wohl schönsten Mc Donalds der Welt. Antigua gefällt uns unheimlich gut. Es wirkt so anders als andere Städte in Lateinamerika. So modern, so offen.
Durch die im Schachbrett-Muster angelegten Strassen spazieren wir dann jeweils zurück zu unserem Camping, der etwas ausserhalb liegt, den wir zu Fuss aber in 45 Minuten erreichen können. Wir kommen an aneinandergereihten einstöckigen Patiohäusern mit farbigem Mauerwerk und blühendem Pflanzenschmuck vorbei und sehen in der Ferne die rauchende Spitze des aktiven Vulkans Fuego über die Dächer ragen.
Zurück beim Camping machen wir fast jeden Tag Bekanntschaft mit anderen Overlandern, die sich hier alle wie in einem Nadelöhr zu versammeln scheinen. Wie überall gibt es Sympathische und weniger Sympathische. Zu den Sympathischen gehören Steffi & Roman und Mägi & Werner, beide aus dem Aargau. Zusammen verbringen wir gemütliche lustige Abende und höhlen die eine oder andere Flasche Wein, immer mit Blick auf den bei Nacht rot leuchtenden lavaspeienden Fuego. Was gibt es Schöneres?
Wir erklimmen den Feuerberg
Wir hatten ziemlichen Respekt vor dieser Wanderung. Wenn man aber schon einmal zur richtigen Zeit am richtigen Ort ist und die Möglichkeit hat einen aktiven Vulkan hautnah zu sehen, ist sie ein absolutes Muss. Das Schauspiel, das man nach dem mühsamen Aufstieg zu sehen bekommt, ist wahrlich ein «once-in-a-lifetime-Erlebnis», das man nicht so schnell vergisst.
Wir buchten also eine geführte Tour zum Gipfel des Acatenango, von wo aus man beste Sicht auf den benachbarten Fuego hat. Pünktlich! um 07.15 Uhr werden wir am Tag X von «SOY Tours» bei unserem Camping abgeholt und zum Ausgangspunkt der Wanderung chauffiert. Zusammen mit 26 anderen Personen (zu unserem Erstaunen alle jung, fit und angemessen ausgerüstet) werden wir instruiert und erhalten unsere Lunchboxen verabreicht. Kurz vor Mittag starten wir dann zum Aufstieg. Unsere Gruppe wird von fünf Guides begleitet, die fortan in verschiedenen Geschwindigkeitsstufen den Berg hochwandern. Gleich zu Beginn wird es bereits sehr anstrengend, da der Untergrund aus losem Geröll und Sand besteht (2 Schritte vor, 1 zurück). Während des gesamten Aufstiegs legen die Guides regelmässig ausgedehnte Pausen ein. Für unseren Geschmack schon fast zu oft. So kommen wir gar nicht richtig ins Schwitzen und haben früh mit der Kälte zu kämpfen. Sie wollen aber natürlich sichergehen, dass am Abend nicht die halbe Gruppe mit der Höhenkrankheit zu kämpfen hat.
Bereits beim Start befanden wir uns auf über 2300 M.ü.M. Etwa gegen 16.00 Uhr kommen wir beim Basecamp auf ca. 3500 Metern an, wo bereits unsere Zelte für die Nacht stehen. Zu unserem Erstaunen bekommen wir sogar ein Zelt für uns zu zweit zugeteilt. Wir hatten uns da eher einen Massenschlag vorgestellt …
Die ganze Wanderung war alles in allem zum Glück weniger anspruchsvoll als wir befürchtet hatten und wir haben die rund 6km / 1200Hm locker (Alexandra) und ziemlich locker (Mathias) hinter uns gebracht. Bei Mathias haben sich trotz der vielen Stopps gegen Schluss leichte Kopfschmerzen bemerkbar gemacht, die aber mit einem Tablettli schnell beseitigt werden konnten.
Nach Sonnenuntergang wird es auf dieser Höhe schnell eisig kalt und ein bissiger Wind weht uns um die Ohren. Wir sind froh, dass es bald ein warmes Nachtessen gibt und wir uns am Lagerfeuer die Hände und Füsse aufwärmen können. Mit dem Einbruch der Dunkelheit zeigt sich dann endlich unsere Belohnung für den langen Aufstieg. Der nur wenige Kilometer entfernte Fuego speit in regelmässiger Abständen Feuer. Mit jeder Eruption geht ein durchdringendes Donnern einher und wir sehen, wie ein gewaltiger Lavaregen an den Seiten des Vulkans hinunterrieselt. Wir schauen dem einzigartigen Naturschauspiel knappe zwei Stunden zu, bevor wir es in der Kälte nicht mehr aushalten und zu Bett gehen. Schliesslich werden wir am nächsten Morgen bereits wieder um 04.00 Uhr geweckt…
…und steigen noch die letzten Meter, immer den ausbrechenden Fuego im Blick, zum Gipfel des Acatenango auf 3976 M.ü.M. auf. So hoch waren wir noch nie! Leider ziehen kurz vor dem Sonnenaufgang die Wolken herein, so dass wir diesen nicht sehen können. Wir sind in dem Moment aber so überwältigt, dass uns dies ziemlich egal ist.
Erst als wir wieder unten sind mit einem kühlen Bier in der Hand, wird uns bewusst, welch atemberaubendes und unvergessliches Naturschauspiel wir erleben durften.