Vorwärts, wir wollen zurück
Dawson City ist ein cooles Goldgräberstädtchen mit originalgetreuen Häusern aus der Jahrhundertwende, als hier oben 40'000 Leute lebten, während der Goldrausch in vollem Gange war. Eigentlich wären wir gerne länger hiergeblieben, aber es zieht uns mich zurück nach Süden, zurück in wärmere Gefilde. Für eine Can Can Show hat die Zeit aber noch gereicht.
Liebe Miri: Vielen Dank an dieser Stelle für dein Fleece-Stirnband, ohne das ich schon längst schockgefroren wäre!
Bald schon sind wir zurück in Whitehorse und nehmen uns hier noch Zeit für ein paar Sehenswürdigkeiten, die wir bei unserem ersten Besuch ausgelassen haben. Gestartet haben wir mit einer Besichtigung der S.S. Klondike, dem grössten Heckraddampfer auf dem Oberlauf des Yukon-Rivers, der als Fracht- und Passagierschiff bis 1955 eingesetzt wurde. Anschliessend besuchen wir das MacBride Museum, wo wir nochmals viel über die Geschichte des Yukons lernen und schliesslich schauen wir noch kurz bei der Fischtreppe vorbei, wo die hochwandernden Lachse gezählt und klassifiziert werden. Echt faszinierend, welch eine Wanderung diese Tiere zurücklegen. Nach ein paar Jahren im Pazifik treten sie den Rückweg an und schwimmen zum Teil über 3000km die Flüsse hoch, bis sie an ihrem Geburtsort ankommen, um zu laichen. Das machen sie auch, wenn sie in einer Hatchery (=Brutanstalt) geboren wurden. Irgendwas müssen die in ihrem Mikro-Hirn (so gross kann das ja nicht sein…) haben, was ihnen den Impuls für den Rückweg und die Orientierung dazu gibt.
Die Kilometer summieren sich hier oben bei diesen grossen Distanzen und die Tanks sind jeweils schnell leergefahren. Heute halten wir wieder einmal bei einer Feld-Wald-Wiesen-Tankstelle irgendwo im Nirgendwo, um Kraftstoff aufzufüllen. Die Tankstelle ist von einer chinesischen (Mathias) oder japanischen (Alex)…keine Ahnung, wir einigen uns auf «asiatischen»… Familie geführt. Nach mehrmaligem Nachfragen im Kiosk und verschiedenen Versuchen die Zapfsäule zum Starten zu bringen, schaffen wir es einfach nicht, dass Diesel in unseren Tank fliesst. Was machen wir bloss falsch?! Es ist immer noch sch*kalt und mein Nervenkostüm ist zu dünn für solche Spässe. «Take the LO1…the LO1» tönt es durch das Fenster von der schlitzäugigen Mini-Frau. Wo zum Teufel bekommen wir dieses «LO1» her und was sollen wir damit? Die Verzweiflung muss uns im Gesicht geschrieben stehen, als ein Wunder passiert. Sie ist doch nicht am Stuhl festgeklebt, trippelt nun entenhaft auf uns zu und drückt uns den gelben Zapfhahn in die Finger. Ah, jetzt verstehe ich! «The YELLOW ONE». Zu unserer Verteidigung: Diesel befindet sich sonst immer in der grünen Zapfsäule und gelb oder schwarz ist für Benzin!
Inzwischen hat die Sintflut eingesetzt. Es ist immer noch kalt (nahezu eisig) und Regen, Regen, Regen! Bindfadenregen. Bandwurmregen. Endlosregen.
Zu allem Übel habe ich nun wahrscheinlich noch dieselbe fiese Erkältung aufgelesen, die auch Jessica erwischt hat. Ich habe keine Lust mehr. Will nach Hause aufs weiche Sofa, mich in die warme Kuscheldecke einwickeln und nach einem heissen Tee bei einer Folge «Game of Thrones» einschlafen.
Ergo: Ich bin reif für’s Hotel, für Wärme und Komfort!
Gesagt, getan. Im nächsten Ort checken wir im ersten Hotel (von insgesamt 2!), an dem wir vorbeifahren ein und befinden uns nun in einem kleinen aber feinen Zimmer des King Edward Hotels in Stewart.
Erste Handlung Mathias: Fernseher einschalten. Was für ein Zufall, es läuft gerade eine Folge Simpsons!
Erste Handlung Alexandra: Badewanne einlassen.
Danach Bett. Danach Badewanne. Wieder Bett. Wieder Badewanne bis die Tube mit dem Schaumbad leer ist.
Obwohl ein Hotelaufenthalt eigentlich nicht in unserem Budgetplan vorgesehen ist, finde ich es hier gerade ziemlich toll und bereue die Entscheidung keineswegs. Zudem haben wir das Zimmer zu einem fairen Preis bekommen (154 CHF für 2 Nächte). Wenn ich es mir genau überlege, machen die nämlich Verlust mit uns. Wir sind die einzigen Gäste, die das Gebäude überhaupt nicht verlassen und wie Blutegel die Ressourcen leergesaugt haben.
Gleich nach dem Einchecken um 12.00 Uhr gings los. Als Erstes haben wir alle elektronischen Geräte zum Aufladen eingesteckt und Strom abgezapft. 10 Minuten später war die Badewanne voll und Mathias hat während meiner Badeorgie unsere Filmsammlung mit Hilfe des freien Wifi’s ergänzt. Der Fernseher lief im Dauerbetrieb und dies bis zum übernächsten Tag kurz vor dem Auschecken. Zu guter Letzt hat sich das Badezimmer auch noch als gute Reinigungsstation für Baloo’s Luftfilter erwiesen.
Nach diesem Wohlfühlprogramm für Körper und Seele sind wir wieder bereit für weitere Abenteuer und schauen uns einerseits den Salmon Run im nahegelegenen Fish Creek, sowie den gigantischen Salmon Glacier von nächster Nähe an. Wie gut, dass sich die Sonne nun auch wieder zeigt!